Impulspapier
Heiligenhäuschen "Maria am Weg"
Namensgebung
Das in den 70iger Jahren niedergelegte „religiöse Kleinbauwerk“ in der Weggablung
von Sayner Straße und Ötzbachweg wurde – soweit das von älteren Mitbürgern
erinnert wird - als „Heiligenhäuschen“ bezeichnet. Die Vorstellung, die Heimbach
Weiser Bürger mit diesem Begriff verbinden, ist wohl vor allem auch durch
„Spielmanns- und Krups-Heiligenhäuschen“ im Heimbacher Wald geprägt.
In der Fachliteratur werden Heiligenhäuschen auch als Kapellenbildstöcke oder
Breitpfeiler bezeichnet, die in der Regel einen rechteckigen Grundriss und ein
giebelförmiges Dach haben. Heiligenhäuschen haben i.d.R. nur einen Zugang zum
Zweck des Schmückens, sind aber im Unterschied zu Kapellen nicht zum
allgemeinen Betreten vorgesehen.
Nach dieser Typisierung war das abgerissene „Heiligenhäuschen“ eine Kapelle, weil
man den Raum betreten und sich auf einer hölzernen Bank niederknien – nicht
setzen – konnte. In der deutschen Landschaft der religiösen Kleinbauwerke verläuft
die Abgrenzung Bildstock – Heiligenhäuschen - Kapelle fließend.
Der geplante Neubau mit einem Grundriss von 2,5x2,5 m ist eine betretbare kleine
Wegekapelle (freie Flur/Wegegablung), die zum Innehalten, zur Andacht, zum Gebet
etc. einlädt. Da aber der Begriff Kapelle durch die Dreifaltigkeits-Kapelle in Weis
„besetzt“ ist, muss das geplante religiöse Kleinbauwerk zur Abgrenzung zwingend
mit dem Begriff „Kapellchen“ bezeichnet werden. Nur diese Verkleinerungsform darf
kommuniziert werden!
Heimbach-Weis hätte dann eine Kirche, eine Kapelle und ein Kapellchen (Platt:
Kabällsche). Das einzige Relikt, das von dem abgerissenen „Heiligenhäuschen“ noch
existiert, ist das Brett mit dem nachfolgenden Spruch, das im Turm der Heimbacher
Kirche liegt.
„Sag an mein Kind, wo gehst hin?
Denk, dass ich deine Mutter bin,
geh nie an mir vorbei ohn dass ich gegrüßet sei“.
Dieser Spruch ist auch in die Marmorplatte eingemeißelt, die am Fuße des – m.W.
aus der Eifel stammenden - Wegkreuzes liegt, das zur Erinnerung an das
abgerissene „Heiligenhäuschen“ aufgestellt wurde. Die zentrale Aussage des
Spruches im zweiten Satz „Denk, dass ich deine Mutter bin“ soll für die
Namensgebung des geplanten Kapellchens leitend sein: „Mutter-Maria-Kapellchen“.
Dieser Name für Kapellen ist geläufig; schon in unserer Nähe – z.B. in der Eifel in
Gillenfeld oder Uersfeld – findet man diese Bezeichnung.
Die Herstellung weiterer historischer Bezüge ist nicht möglich, weil die
Entstehungsgeschichte des abgerissenen „Heiligenhäuschens“ weder dokumentiert
noch mündlich überliefert.
Abriss
Der Abriss des – leider nicht unter Denkmalschutz stehenden - Heiligenhäuschens in
den 70iger Jahren liegt im Dunkeln. Ob dieses religiöse Kleinbauwerk der
Bimsausbeute und/oder Erweiterung der Sarner Straße und/oder der Erweiterung der
Firmenzufahrt Industrieholz-Späne Brenner weichen musste, bleibt unklar.
Glücklicherweise wurde in dieser Zeit Spielmanns-Heiligenhäuschen im Heimbacher
Wald nicht Opfer der Bimsausbeute, sondern ist an den „neuen“ Rheinhöhenweg
transloziert worden.
Oswald Höfer hat in seiner Präsentation eindrücklich veranschaulicht, welchen
Stellenwert das Heiligenhäuschen z.B. für Generationen von Hüttenarbeiter, die zu
jeder Tag- und Nachtzeit den Arbeitsweg i.d.R. zu Fuß auf der Sayner Straße oder
den etwas südlich gelegenen Hüttenweg zu den Hüttenwerken in Sayn und Bendorf
genommen haben, gehabt haben mag – „stockfinstere Nacht, keine
Straßenbeleuchtung und das Heiligenhäuschen war durch das Flackern einer Kerze
erleuchtet“. Die Männer haben ihre Kopfbedeckung gehoben und vielleicht sogar ein
Kreuzzeichen auf Stirn und Brust geschlagen.
Der Verdacht keimt, dass die Wünsche der Mitbürger unseres Dorfes, denen das
Heiligenhäuschen „ans Herz gewachsen„ war, bei dem von wirtschaftlichen
Interessen geleiteten vermutlich in einer „Nacht-und Nebelaktion“ durchgeführten
Abriss unberücksichtigt blieben. Vor diesem Hintergrund könnte das geplante
Kapellchen ein „Versöhnungszeichen“ für den „Raubbau an einem Kulturgut unseres
Dorfes“ sein.
Genehmigung
In Deutschland kann jeder Privatmann, der über ein geeignetes Grundstück und über
eine Baugenehmigung verfügt, eine Kapelle errichten. Eine „kirchenrechtliche
Genehmigung“ ist dafür nicht erforderlich. Nur wenn in einer Kapelle Gottesdienste
gefeiert und Sakramente gespendet werden sollen – was für das geplante
Kapellchen nicht vorgesehen ist – ist eine Weihe, die vom Bischof genehmigt werden
muss, Voraussetzung. Gleichwohl sollte die Errichtung des Kapellchens im
Einvernehmen mit der örtlichen Pfarrei verbunden mit einer Segnung erfolgen.
Vielleicht wären mit Blick auf eine Steigerung der Akzeptanz und Nachhaltigkeit des
Projekts eine Partizipation der katholischen Jugend und noch weiterer Zielgruppen
unseres Dorfes angezeigt.
Architektur und künstlerische (Innen-) Gestaltung
Die grundlegende Struktur der Gebäudekomposition im Entwurf von Architekt Günter
Heinrich sind zwei stilisierte Hände – eine flach (aus-)gestreckte wird von einer
gewölbten Hand umfasst -, die das Angenommensein, das Geborgensein, den
Schutz der Gottesmutter für den einzelnen Kapellenbesucher, die ganze Christenheit
wie gesamte Menschheit symbolisieren.
Theologische Impulse – Neuzeitliche Mariologie
In der Geschichte der Marien-Frömmigkeit entstanden – in Abhängigkeit des
Zeitgeistes und des jeweils geltenden Frauenbildes - viele Marienbilder, Rollen und
Titel, mit denen Maria angesprochen und verehrt wurde: Königin, Magd, Jungfrau,
Fürsprecherin, Mater Dolorosa, Braut Christi etc. Während ältere Menschen mit
diesen Bezeichnungen vielleicht noch gut zurechtkommen, werden jüngere
Menschen wohl eher abgeschreckt. Diese lehnen die Abschweifung in eine „kitschig
empfundene“ Marienverehrung ab und greifen viel stärker die biblischen Zeugnisse
von Maria auf. Die wichtigsten Quellen für die Geschichte Marias finden sich im
Neuen Testament. Maria wird in allen vier Evangelien erwähnt, ebenso in der
Apostelgeschichte des Lukas, ferner in Paulus Brief an die Galater.
In der Bibel ist Maria nur Mutter Jesu. Erst auf dem Konzil zu Ephesus im Jahre 431
wurde Maria der Titel „Gottesgebärerin“ verliehen, was sie praktisch zur
„Muttergottes“ erhob.
Das geplante „Mutter-Maria-Kapellchen“ betont die Mutterrolle und folgt damit vor
allem dieser biblischen Spur. Es können Bilder von Maria entworfen werden, die
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Maria als starke Frau zeigen, die mit beiden Füßen fest auf der Erde steht - mitten im
Alltag, zum Greifen nah, mit Problemen, die auch unsere sein könnten.
Zu einem solchen Marienbild könnten junge Menschen – auch die, die distanziert zur
Kirche stehen – Zugang finden. Vielleicht werden mit einer „geerdeten“, nicht
überhöhten Maria sogar Menschen angesprochen, die zur herkömmlichen
Marienverehrung keinen Zugang haben, aber noch religiöse Bedürfnisse und
Gefühle verspüren und sich in dem kunstvoll und warmherzig ausgestalteten
Kapellchen geborgen fühlen und innehalten und dem Alltag entfliehen können.
Nunmehr kommt es darauf an, die oben skizzierte Botschaft zu den Bürgern unseres
Dorfes zu bringen und eine Einladung auszusprechen, diesen besonderen Ort
kennen und lieben zu lernen.
Die Menschen sollen das Mutter-Maria-Kapellchen ins Herz schließen wie die
Hüttenarbeiter ihr Heiligenhäuschen. Dieser Prozess verlangt besondere
Kommunikationsmethoden – vielleicht auch besondere Workshops, aus denen dann
sogar ein „Freundeskreis Mutter-Maria-Kapellchen“ hervorgehen könnte. Das
Kapellchen „ohne Narrativ“ einfach nur zu errichten ist mit Sicherheit zu wenig.